Die meisten von Ihnen denken bestimmt zuerst an das Home Office, wenn der Begriff „Mobiles Arbeiten“ fällt. Doch es geht darum, dass wir damit generell eine umfangreiche Abgrenzung zur klassischen Arbeitsorganisation beschreiben. Bei dieser geht es darum, dass alle nicht zwingend außerhalb der Betriebsräume des Arbeitgebers zu verrichtenden Arbeiten eben dort unter konkreter Weisung stattfinden müssen. Vereinfacht könnte man sagen, dass die Aufhebung dieser klassischen ortsgebundenen Tätigkeiten den Arbeitnehmern ermöglicht ihre Büroarbeit an anderen Orten außerhalb des Betriebes zu erledigen.
Dies kann eventuell auch nur zeitweise, für einzelne Tage oder Zeiträume der Fall sein. Diese Orte außerhalb der Betriebsstätte sind durch die fortschreitende Digitalisierung immer vielfältiger geworden. Hat man vor 15 Jahren Büroarbeiter gefragt was für sie notwendig ist, um einen Büroarbeitsplatz zu definieren, so waren das:
- Bürotisch
- Drehstuhl
- Computer mit Tastatur und Maus
- Telefon
- Drucker
- und eine Schreibtischleuchte.
Heute hat sich das sehr stark reduziert und zwar auf Notebook und Smartphone. Wir können heute durch die technischen Möglichkeiten mit jedem, überall und zu jeder Zeit arbeiten. Was das für die Menschen und deren Gesundheit bedeutet ist genauso neu wie die Technik die uns erst seit ein paar Jahren zur Verfügung steht. Zu den psychischen Auswirkungen der Arbeit im Homeoffice hatte ich bereits in einem anderen Artikel geschrieben (Link einfügen).
Heute möchte ich vor allem auf die möglichen körperlichen Beeinträchtigungen durch die Büroarbeit an den unterschiedlichsten Orten, die wir auch „3rd Places“ nennen, eingehen. Jetzt fragt sich der Eine oder Andere vielleicht wie es denn sein kann, dass meine gemütliche Couch mich krank machen kann, wenn ich dort meine e-Mails bearbeite. Sie werden es nicht glauben, aber die ergonomischen Anforderungen an Ihren „Bildschirmarbeitsplatz“ sind überall die gleichen, ob im Büro Ihres Arbeitgebers, einem Co-Working Space, einer Lounge, im Home Office, oder sonst wo. Das liegt ganz einfach daran, dass Ihr Körper sich nicht aufgrund eines Ortswechsels verändert. Zusätzliches gesundheitliches Gefahrenpotenzial ergibt sich aus den Arbeitsmitteln, die wir neuerdings an den verschiedensten Orten für unsere Büroarbeit nutzen.
Betrachten Sie Ihren Arbeitsplatz ganzheitlich
Der Mensch muss sich möglichst viel bewegen, um gesund zu bleiben, das ist evolutionär bedingt und wird sich somit auch nicht kurzfristig ändern. Genau wie im Büro sollten wir uns also möglichst viel bewegen, das heißt dynamisch sitzen und auf genügend Beinfreiraum achten, um die Beine ausstrecken zu können. Der Wechsel zwischen sitzen und stehen aktiviert vor allem im Moment des Aufstehens und Hinsetzens die Durchblutung der Muskulatur und damit den Stoffwechsel.
Im Büro bewegen Sie sich automatisiert da fast alle Bewegungen und möglichen Hindernisse im Gehirn abgespeichert sind. An fremden Orten muss das nicht immer der Fall sein, allein schon, weil eventuell nicht genügend Fläche, bzw. Raum zur Verfügung steht. Auch die Nutzung von hilfsweise als Büromöbel eingesetzten Objekten wie z.B. Gymnastikbällen, Bügelbrettern, Hockern usw. erhöhen die Unfallgefahr oder führen zu belastenden Fehlhaltungen. Achten Sie auch auf mögliche Unfallgefahren durch Netzteile und Kabel.
Gestalten Sie ihren mobilen Arbeitsplatz ergonomisch, d.h. er sollte möglichst ähnlich Ihrem Büroarbeitsplatz sein.
Mobile Devices sind nicht für längeres Arbeiten geeignet
Mit dem Smartphone „mal eben“ die e-Mails checken ist sicher kein Problem, aber für den langfristigen Einsatz als Arbeitsmittel ist es nicht geeignet.
Die Sehabstände der kleinen Devices bedingen verkrampfte Haltungen und zu starkes Absenken des Kopfes.
Die Augenbelastung wird durch stundenlanges „Starren“ auf die kleinen Bildschirme erhöht. Wir wissen aus Auswertungen von über 40 internationalen Studien zur Bildschirmarbeit, dass weltweit die Kurzsichtigkeit zunimmt, da das Längenwachstum des Auges durch die Bildschirmarbeit gefördert wird. Dazu kommen von den Nutzern oft unbemerkte Reflektionen und Spiegelungen auf den kleinen Bildschirmen, denn sie sind in der Regel nicht entspiegelt um Fotos und Videos klarer darstellen zu können.
Tips um Überanstrengung der Augen zu vermeiden:
- Tragen Sie ggfs. eine passende Sehhilfe
- Pausen (etwa alle 20 Minuten) bei den Sie in die Ferne blicken
- Optimieren Sie den Sehabstand auf eine Armlänge
- Setzen Sie sich nicht frontal zu einem Fenster, sondern quer dazu
Als typische Erkrankung, die wahrscheinlich durch Bildschirmarbeit mit geknickten Handgelenken begünstigt werden kann, kennen wir schon länger das Karpaltunnelsyndrom (CTS), bei dem der Medianus-Nerv komprimiert wird.
Seit einigen Jahren tritt als neue Zivilisationskrankheit die umgangssprachlich „SMS Daumen“ genannte Sehnenscheiden Entzündungen des Daumens im Sattelgelenk immer häufiger auf. Die Diagnosen von Sattelgelenk Arthrosen gibt es jetzt auch schon bei jüngeren Menschen, was auf das exzessive Tippen auf Smartphones mit den beiden Daumen zurückgeführt wird. Das Problem ist dabei, dass schon die jüngsten Kinder mit Smartphones und Tabletts „bespielt“ werden und dies sich dann bis ins Berufsleben fortsetzt wo dann die gesundheitlichen Beschwerden als Langzeitfolgen auftreten.
Smartphone und Tablet führen zu falscher Körperhaltung
Handgelenk und Unterarmmuskulatur werden noch stärker beansprucht, wenn ein Tablett gehalten werden muss. In Deutschland sprechen Orthopäden bereits vom „Handy-Nacken“ und der „iPad-Schulter“.
Der New Yorker Wirbelsäulen-Chirurg Kenneth Hansraj hat eine Studie veröffentlicht, wonach die menschliche Wirbelsäule bei normalem Gebrauch des Smartphones eine zusätzliche Belastung von etwa 27 Kilo ertragen muss. Bei einer normalen, geraden Haltung des Kopfes wird unsere Halswirbelsäule mit ca. fünf Kilogramm belastet. Durch die Bewegung des Kopfes nach vorne wird dieser Wert durch die entstehnde Hebelwirkung erhöht, so dass bei 15 Grad Neigung schon eine Belastung von 12 Kilogramm, und bei einer 45 Grad-Neigung sogar 22 Kilogramm erreicht werden können. Durch die gebeugte Körperhaltung werden die Muskeln und in der Nackenpartie stark beansprucht und können dadurch langfristig beschädigt werden. Die unnatürliche Kopf- und Armhaltung der Smartphone und Tablett Nutzer führt nicht nur zu Verspannungen im Kopf- und Nackenbereich, sondern kann langfristig zu Haltungsschäden und zum Bandscheibenvorfall führen.
Notebook mit externer Tastatur und Notebookständer nutzen
Die Kopfhaltung ist bei ausschließlichem Gebrauch eines Notebooks zu weit nach unten gerichtet. Kurzfristig ist das sicher kein Problem, aber wenn man länger als eine Stunde arbeiten will, sollte man weitere Maßnahmen ergreifen. Was ich zu den Smartphones und Tablets erklärt habe gilt auch für die Notebooks. Die zu starke Kopfneigung führt zur ständigen Dehnung der Schulter- Nackenmuskulatur wodurch diese mit der Zeit verhärtet und Schmerzen verursacht.
Hier wäre ein Notebookhalter anzuraten durch den der Monitor des Notebooks etwas höher positioniert wird, was aber unbedingt eine externe Tastatur bedingt da ansonsten bei der schräg nach obenstehenden Notebooktastatur die Handgelenke geknickt werden würden.
Tipps zur Vorbeugung:
- Halten sie Smartphone und Tablet etwas höher
- Regelmäßige Pausen um Hände und Arme zu dehnen
- Heben Sie zwischenduch den Kopf und lockern Nacken- und Schultermuskulatur
- Schränken Sie die Dauer der Nutzung von Smartphone und Tablet ein
- Verlangsamen Sie die Tipp- und Klickbewegungen
- Verwenden Sie externe Tastatur und Zusatzmonitor
- Verwenden Sie ggfs. ein Vertikalmaus
Bakterienschleudern Smartphone & Co
Wann haben Sie zuletzt Ihr Smartphone gereinigt? Unsere ständigen kleinen digitalen Begleiter sind regelrechte Keimherde. Wir haben sie immer und überall dabei und nutzen sie öfter als wir selbst glauben. Psychologen der britischen Nottingham Trent University untersuchten wie oft wir unser Smartphone in die Hand nehmen. Das tun wir doppelt so oft wie wir selbst glauben, 85 Mal täglich!
Gerade in Zeiten von Grippe und Covid-19 sollten wir besonders bei unseren mobilen Geräten auf die Hygiene achten und sie öfters reinigen. Wenn ich mir gerade die Hände gewaschen habe und dann zu meinem Smartphone greife, sind sie sofort wieder vollgekeimt.
Zur Reinigung empfiehlt sich ein sauberes Mikrofasertuch und die Verwendung spezieller Reinigungsflüssigkeiten wie sie auch für PC-Monitore und Tastaturen angeboten werden. Einige Hersteller, wie z.B. Apple, erlauben auch die Verwendung von Desinfektionstüchern. Wichtig bei Sprays ist, diese nicht direkt auf die Geräte zu sprühen, sondern auf das Tuch. Dadurch wird vermieden, dass Flüssigkeit in die Geräte eindringen und dort Schäden verursachen kann.
Mobiles Arbeiten ist in unserer Bürowelt für die meisten selbstverständlich geworden. Wir sollten aber neben den technischen und organisatorischen Aufgaben auch die Ergonomie bei der Gestaltung unserer individuellen 3rd Places nicht aus den Augen verlieren.
Jörg Bakschas